Tatort: Wattenscheid-Höntrop
Der Straßenschotter knirschte unter Marinellis profillosen Mafiososohlen, als er ins Büro der Dienststelle galoppierte. »Wir haben einen Namen!«
Pankowiak saß mit dem Rücken zum Fenster. Die Sonne brüllte durch die buttrig verschmierten Scheiben, die gilben Wände reflektierten ihr Schimmern kaum. Sein Hemd war knittrig, denn seine Frau hasste es zu bügeln. Er zog die Schreibtischschublade auf, nahm mit spitzen Fingern den druckfrischen Zehnmarkschein heraus und fächelte sich damit etwas Luft zu. »Giovanni?«, spekulierte er. »Richtig?«
Marinelli runzelte die Stirn.
»So heißt ihr Italiener doch immer«, sagte Pankowiak. »Oder Luigi. Oder Salvatore, wie dieser Nussschalenschubser auf RTL.«
Marinellis Brauen schoben sich zusammen. Eines seiner Hundeaugen zwinkerte. »Ihr werdet es noch früh genug erfahren. Nämlich wenn der Kleine auf der Welt ist.« Er wedelte mit dem Aktendeckel, den er mitgebracht hatte. »Ich spreche eigentlich von unserem Toten aus dem Südpark in Höntrop.«
Pankowiak legte den Zehner in die Schublade zurück. »Lass hören.«
»Unser Mann hieß Matthias Tengler.«
»Klingt jung.«
Marinelli schnalzte mit der Zunge. »Von wegen. Matthias ist ein biblischer Name.«
»Könnte doch hinkommen. Viel war ja von ihm nicht mehr übrig, als die vom Grünflächenamt ihn beim Ausholzen in den Baumwurzeln gefunden haben.«
Der Italiener überging seinen Kommentar. »Es gibt nur ein Problem. Matthias Tengler wurde längst beerdigt. Vor zehn Jahren schon, 1986.«
Pankowiaks Oberkörper schwang nach vorne. »Wer sagt das?«
»Das Standesamt. Die Müller bringt gerade den Chef auf den Stand.«
»Und woher wissen wir, dass wir den richtigen Tengler auf dem Tisch haben?«
»Der Pathologe hat das Zahnschema des Toten rumgeschickt. Treffer bei einem Doktor in Leithe.« Marinelli klatschte den uringelben Aktendeckel ungeduldig gegen den Oberschenkel Pankowiak mochte das nicht.
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Die Autorin:
Sonja Ullrich, geboren 1977 in Lünen, wuchs auch dort auf und lebt seit 2007 in Bochum. Hauptberuflich arbeitet sie in der Rechtsabteilung eines globalen Chemieunternehmens. Mit ihren Krimis »Teppichporsche« (2010) und »Fummelbunker« (2011) führte sie ihre Heldin Esther Roloff, Versicherungsdetektivin auf Probe in Wattenscheid in die Krimi-Szene ein.