Donnerstag, 17. März 2011

Arnd Federspiel
Jenseits von Heljens


 Tatort: Velbert / Heiligenhaus

»Na, Bücherwurm!«
Amüsiert sah Hauptkommissar Bethke zu seinem gerade eingetroffenen Kollegen, der vor ein paar Wochen zum KK 1 in Mettmann versetzt worden war. Da es sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen hatte, dass der Neue in seiner Freizeit gerne las, hatte es nicht lange gedauert, ihm den entsprechenden Stempel aufzudrücken.
Oberkommissar Jansen trug es mit Fassung. »Der Trend zum Zweitbuch hält an, Chef«, erklärte er.
Bethke lachte. »Nicht bei mir.«
Jansen beschloss, die Bemerkung zu ignorieren. Stattdessen fragte er: »Was haben wir?«
»Leiche, männlich, Mitte zwanzig bis Mitte dreißig. Einschuss auf der linken Brustseite. Die Jacke ist ein wenig versengt, das Opfer kann also nicht weit von seinem Mörder entfernt gestanden haben, als der es erschoss. Genaueres später von Dr. Kemper.«
»Okay.«
»Und Sie«, fuhr Bethke fort, »habe ich kommen lassen, weil Sie früher beim Regionalkommissariat für Velbert und Heiligenhaus waren. Und weil Sie ursprünglich auch von hier stammen, wie ich gehört habe.«
Jansen nickte. Das erklärte es natürlich. Bisher hatten sie ihn in seiner neuen Dienststelle an der kurzen Leine gehalten - angeblich weil er sich erstmal »einarbeiten« müsse. Als hätte er noch nie einen Kriminalfall bearbeitet…
Aber, so sagte man ihm, schließlich sei das regionale Kommissariat in Velbert nur für leichte und mittelschwere Verbrechen zuständig. Ein Mordfall sei eine ganz andere Sache. Darum durfte Jansen bislang, wenn es hoch kam, nur den stummen Diener machen und beeindruckt aus der Wäsche schauen, wenn einer seiner Kollegen messerscharfe Schlüsse zog.
Offensichtlich musste erst ein Mord in Heiligenhaus geschehen, damit Jansen auch mal ran durfte. Na, für irgendetwas musste eine genaue Ortskenntnis ja gut sein.
Jansen sah seinen Vorgesetzten fest an. »Bedeutet das, dass mit der Einarbeitungsphase Schluss ist?«
Bethke legte den Kopf schief. »Schau'n wir mal.«
weiter in: Schicht im Schacht 
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Der Autor:
Arnd Federspiel,
geboren 1966 in Oberhausen, studierte Jura und Anglistik in Gießen, arbeitete in New York und Los Angeles, absolvierte eine Schauspielausbildung in London und lebt seit 2002 als Schauspieler, Übersetzer und Autor wieder mitten im Ruhrgebiet. Zuletzt erschien von ihm der Krimi »Bei Hitze Mord« (2010).